Am Beginn ist es für Lernende, die eine pathologische Zungenruhelage aufweisen, schwer, sofort die korrekte Haltung einzunehmen, da der Zungenmuskel meist sehr schwach ist. Deshalb folgt eine Übung, die schnell Auskunft über die Kraft der Zunge gibt. Die Teilnehmerinnen sollen vor einem Spiegel sitzend versuchen, ihre Zunge gerade herauszustrecken, ohne die unteren oder oberen Schneidezähne zu berühren. Ist der Zungenmuskel zu schwach, beginnt die Zunge bei den meisten sehr rasch zu zittern, daneben kann sie eine schüsselförmige Einbuchtung ausbilden, oder sie liegt an den unteren Schneidezähnen auf. Gibt dieser Selbsttest an, dass die Person eine sehr schwache Zunge hat, dann soll zunächst nicht die korrekte Zungenruhelage eingenommen werden, sondern nur versucht werden, die Zunge auf dem Alveolarfortsatz zu halten, so, wie wenn der Laut „l” gesprochen werden würde. Diese Haltung bewirkt häufig schon eine Spannung im Hals oder in der Gesichtsmuskulatur, und zeigt damit die eigentliche Störung an. Diese Spannung ist umso stärker, je interdentaler der Laut „l” ursprünglich gebildet wurde. Ist die Zunge nicht fähig am angegeben Platz zu verharren, dann könnte ein kleiner Gummiring zum Halten gegeben werden. Der Gummiring wird dabei auf die Zungenspitzenmitte gelegt und hinter die oberen Schneidezähne geführt. Ohne die Zähne zu berühren, und auch ohne zu weit nach hinten auf den Gaumen zu rutschen wird versucht, diesen Ring mit der Zunge an den Alveolarfortsatz zu drücken. Die Zahnreihen nähern sich aneinander und die Lippen werden geschlossen.
Eine Steigerung der Übung ergibt sich dadurch, dass nun versucht wird, den Gummiring am angegebenen Platz zu halten, aber dabei den Unterkiefer zu senken und wieder zu heben. Die Zungenspitze darf dabei ihren eingenommenen Platz nicht verlassen. Um gleichzeitig den Musculus orbicularis oris zu trainieren und zu dehnen, sollen die Lippen geschlossen gehalten werden. Ist die Studierende fähig, diese Übung ohne Schwierigkeit durchzuführen, kann sie versuchen, die Zunge an den harten Gaumen anzusaugen. Dabei kann der Unterkiefer wieder gesenkt und gehoben werden. Erwachsene, die noch immer ein zu kurzes Zungenbändchen haben, werden diese Übung nicht korrekt durchführen. Sie können versuchen, ihr Zungenbändchen zu dehnen, oder sie lassen es sich bei einer HNO-Ärztin durchtrennen.
Im Verlauf dieser Einheit werden Zungenmuskel stärkende Übungen durchgeführt, wie das Breit- und Schmalmachen der Zunge, das Lippenabschlecken, das Drücken der Zunge an die Wangen, das Entlangfahren der Zunge an den Außenseiten und Innenseiten der Zähne. (Sehr gute Abbildungen zu diesen Übungen finden sich bei Bigenzahn 1995, S. 80f).