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Der Ansatz beim Spielen eines Blasinstruments wird zum überwiegenden Teil durch die Lippen erreicht. „Bei Rohrblattinstrumenten entsteht der Druck auf die Lippen durch den Kontakt der Schneidezähne mit der sich je nach benutzter Technik unterschiedlich weit zwischen Mundstück und Zähnen befindenden Unterlippe (bei Einfachrohr-blattinstrumenten)” (Klöppel 2008, S. 257). Bei Blechbläserinnen kommt noch ein zusätzlicher Druck auf die Zähne dazu, „der sogenannte Ansatzschub […]. Für diesen Druck werden Werte zwischen 1 Newton (Posaune tiefster Naturton) und 40 Newton gemessen” (Klöppel 2008, S. 257f). (Um es sich besser vorstellen zu können: 40N entsprechen ca. dem Gewicht von 4kg, obwohl kg nicht als Einheit der Kraft angegeben werden darf!) Diese Ergebnisse wurden in einer Studie von L. Borchers u.a. noch detaillierter angegeben, wobei die stärkste Kraftausübung beim Trompetenspiel mit 75 N angegeben wird (Mundstückkräfte 2002, S. 5), also salopp formuliert 7,5kg. Die Studie erbrachte den Nachweis, dass die Lippenspannung Zahnbewegungen im Halteapparat beeinflussen kann, die über die physiologischen Bewegungen hinausgehen (Mundstückkräfte 2002, S. 6).

Bei Sängerinnen und Sprecherinnen fällt der Anblasdruck für die Tonerzeugung weg, aber es muss die Fähigkeit zum Ausführen bestimmter Lippenbewegungen vorhanden sein, um bestimmte Artikulationsbewegungen durchzuführen. Zu diesen Bewegungen zählen u.a. das „Spreizen, Runden, Vorstülpen (Protrusion), Senken der Unterlippe, Schließen […] Bei vorgestülpten Lippen wird das Ansatzrohr verlängert, da zwischen den Frontzähnen und den Lippen ein weiterer Resonanzraum entsteht“ (Storch 2002, S. 30f). Selbstverständlich sind nicht nur die Lippen für eine deutliche Artikulation verantwortlich. Je deutlicher aber die Lippenbewegungen ausgeführt werden, umso leichter ist es, dem gesprochenen oder gesungenen Text auf weitere Distanzen, wie sie in Opernhäusern und Theatern zu finden sind, folgen zu können. Neben dem Hörvorgang trägt auch das Lippenlesen wesentlich zum Sprachverständnis bei. Erst ein myofunktionelles Gleichgewicht ermöglicht eine deutliche Artikulation und einen physiologisch richtigen Bewegungsablauf aller an der Artikulation beteiligten Organe.

Dieser Text (in leicht veränderter Form) ist Teil meiner Masterarbeit am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien