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Kann ich es auch falsch machen?!
Ja, denn selbst wenn es sich beim Schlucken um einen alltäglichen Bewegungsablauf handelt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass jede Person einen richtigen Schluckablauf aufweist.

Wir schlucken nicht nur beim Essen, sondern auch „zwischendurch“ und zwar den Speichel. Laut medizinischer Studien wird tagsüber durchschnittlich zweimal in der Minute geschluckt und in der Nacht einmal pro Minute, das ist also oft mehr als 2000x in 24 Stunden! Der Knochen hinter den oberen Schneidezähnen, also das Hügelchen“, hält den Druck der Zunge während des Schluckens aus. Und dieser Druck kann bis zu 3,5kg (korrekt N) ausmachen!

Wie funktioniert nun „richtiges“ Schlucken?
Die Lippen sind geschlossen. Der vordere Anteil der Zunge übt dabei einen Druck gegen das „Hügelchen“ hinter den oberen Schneidezähnen aus (in der Fachsprache heißt das der Alveolarkamm); die Zunge hebt sich weiter gegen den harten Gaumen und erzeugt einen Unterdruck, um Nahrung oder Speichel transportieren zu können. Die Zahnreihen sind dabei geschlossen! Rutscht die Nahrung oder der Speichel weiter nach hinten, dann wird die Zunge weiter gegen den weichen Gaumen gedrückt, der den Nasen-Rachen-Raum abschließt. Dadurch wird verhindert, dass die Nahrung oder der Speichel aus der Nase rinnt. Ab diesem Vorgang erfolgt das Schlucken reflexartig.
Wir haben also 3 Phasen:
1. Zuerst muss die Speise aufgenommen werden, sie wird bei Bedarf zerkaut, dadurch mit Speichel vermischt und danach mittig auf den hinteren Abschnitt der Zunge gelegt
2. In dieser Phase wird der Speisebrei weiter nach hinten Richtung Speiseröhre geschoben – das können wir willentlich steuern
3. In dieser Phase tritt der Schluckreflex ein, der die Nahrung in die Speiseröhre bringt. Damit nichts in die Luftröhre gelangen kann, schließt sich dabei der Kehldeckel

Sollten Sie falsch schlucken und dabei die Zunge an der falsche Stelle haben, z.B. gegen die unteren oder oberen Schneidezähne drücken, dann werden Ihre Zähne diese ständige Belastung nicht aushalten. Sie beginnen sich zu drehen und nach vorne zu wandern, dadurch kann sich sogar der Unterkiefer vor den Oberkiefer schieben! Liegt die Zunge an den Zähnen an, auch wenn nicht geschluckt wird, oder stößt sie zusätzlich beim Sprechen an die Zähne, ist die Gefahr einer Zahnfehlstellung noch größer! (Eine z.B. fixe Zahnspange kann zwar die Zähne wieder zurückdrücken, aber sobald sie heruntergenommen wird, beginnen die Zähne wieder zu „wandern“ … Daher ist es unbedingt NOTwendig, vor der Verordnung einer Zahnspange logopädische Therapie durchzuführen. In vielen Fällen erübrigt sich dadurch eine Zahnspange.
Sollte das korrekte Schlucken nicht möglich sein, dann ist das Zusammenspiel aller am Schlucken beteiligten Muskeln gestört. Schwache Muskel können gestärkt werden – egal wie jung oder alt jemand ist.
Es gibt mehrere Gründe dafür, dass bereits Babys und Kleinkinder Muskelschwächen aufweisen. Ein zu starker Milchfluss aus der Brust verhindert, dass das Baby richtig saugen lernt, oder ein zu großes Loch am Sauger des Fläschchens führt dazu, dass das Baby die Zunge an den Sauger drückt, damit es nicht zu viel Nahrung erhält. Ein Baby soll saugen und sich auch ein bisschen anstrengen müssen, damit die Muskeln gestärkt werden! Ein Schnuller verhindert die richtige Zungenlage, ganz abgesehen davon, dass er auch das physiologische Zahnwachstum behindern kann bzw. Kieferfehlstellungen hervorruft (Mit spätestens 8 Monaten sollte der Schnuller nicht mehr gebraucht werden …)! Gewöhnen Sie Ihr Kind rasch an das Trinken aus dem Glas, denn auch sogenannte „Schnabelhäferl“ verdrängen die Zunge!
Übungen:
Können Sie Tischtennisbälle oder Wattekügelchen in ein Ziel blasen?
Welche Geräusche können mit den Lippen, der Zunge, dem Mund erzeugt werden?
Können Sie mit einem Strohhalm, durch den Sie blasen, z.B. Blätter wegblasen oder Luft in ein gefülltes Wasserglas?
Können Sie durch einen sehr dünnen oder sehr langen Strohhalm Flüssigkeit trinken?
Beim nächsten Spaghetti-Essen: Können Sie die Spaghetti lustvoll in den Mund saugen (die Paradeissauce sollte dabei noch nicht darüber geschüttet worden sein.)?
Können Sie aus einem Fläschchen trinken, dessen Loch am Sauger sehr klein ist?
Können Sie Ihre Zunge am Gaumen ansaugen und trotzdem durch die Nase weiterarmen?
Können Sie es? Ja, dann herzliche Gratulation!
Nein? Kein Problem – üben Sie, und es wird bald klappen!

Dieser Beitrag wurde am 14. Februar 2015 in stark gekürzter Form in der Kronenzeitung veröffentlicht (gesund und familie)